Was bedeutet Focus stacking?
Übersetzen kann man stacking mit schichten oder stapeln, focus stacking ist also das Stapeln von Bildern mit unterschiedlichem Fokus.
Warum nutzt man diese Technik?
Abhängig vom Abbildungsmaßstab (ABM) und damit der Entfernung zum Motiv, der verwendeten Brennweite und der Blende definiert sich die Tiefe, welche auf einem Bild scharf abgebildet wird. Diese nennt man Schärfetiefe. Wenn ich Makros erstelle und möglichst nah an ein Motiv heran will, also beim echten Makroobjektiv ist das meist ein ABM von 1:1, dann kann ich nur durch mehr Abstand und somit kleinerem ABM die Schärfetiefe erhöhen. Dies ist aber meist nicht gewünscht. Die Brennweite läßt sich mit einem Makroobjektiv auch nicht ändern, echte Makroobjektive sind Festbrennweiten und somit nicht änderbar wie Zoomobjektive (weniger Brennweite würde mehr Schärfetiefe bedeuten). Also bleibt nur die Möglichkeit, die Schärfetiefe durch eine höhere Blendenzahl zu beeinflussen. Aber auch hier haben wir Grenzen. Öffnen wir die Blende weil wir einen unscharfen Hintergrund haben wollen, dann verringert sich die Schärfetiefe. Schließen wir die Blende zu weit, bekommen wir Beugungsunschärfe und entfernen uns vom unscharfen Hintergrund, aber wir wollen ja ein möglichst scharfes Bild. Somit haben wir hier auch nur eine begrenzte Möglichkeit, Einfluß auf die Schärfetiefe zu nehmen und je höher der ABM, desto geringer ist genau dieser Spielraum bis er theoretisch ganz verschwindet. An dieser Stelle kommt stacking zum Einsatz. Was wie eben beschrieben durch verschiedene Faktoren nicht mehr beeinflussbar ist, kann durch Bildbearbeitungsprogramme im Nachgang beeinflußt werden.
Als Stack wird die Gesamtheit aller Einzalbilder bezeichnet, welche durch eine Software zu einem Bild verrechnet wird.
Was ist für einen Stack zu beachten?
Stellen wir uns einen Käfer vor, den wir komplett scharf ablichten wollen. Wir richten die Kamera aus und fokussieren den Augenbereich und lösen aus. Das erste Bild zeigt uns später die scharfen Augen, aber schon knapp hinter oder am Ende der Augen verliert das Bild die Schärfe. Darum stellen wir den Fokus für das zweite Bild auf den hinteren Bereich der Augen und lösen erneut aus. Dies ist so lange zu wiederholen, bis wir auch das Hinterteil scharf abgelichtet haben. Die Anzahl der benötigten Bilder variiert dabei von einigen wenigen (bei kleinem ABM), bis hin zu sehr vielen (großer ABM). Also je näher ich an das Motiv herangehe, desto mehr Bilder werden für einen sauberen Stack benötigt! Sauberen Stack? Ja, um später ein sauberes Ergebnis zu erhalten, sollten sich die angrenzenden Bilder immer ein wenig überlappen. Man schießt besser mehr, als zu wenig Bilder.
Hier drei Beispielbilder aus einem meiner Stacks, der nur zeigen soll, wie der Fokus gewandert ist:
Wie erstelle ich Bilder fürs stacking?
- Freihand
Die Königsdisziplin! Ich meine damit nicht wirklich, dass man die Kamera über den Kopf oder mit ausgestreckten Armen hält und so versucht eine Bildreihe zu erstellen. Wir reden hier ja auch von Makro, das ist das, wo man bei ABM 1:1 schon mit ein wenig Bewegung das Motiv nicht mehr komplett auf dem Sensor hat (wenn man das denn möchte). Nein, im Prinzip ist es der Versuch, es ohne Stativ zu schaffen. Dabei sollte man jede Gelegenheit nutzen die Kamera bzw. die Arme in jeglicher Form abzustützen. Auch den Bohnensack rechne ich noch mit in diese Kategorie. Ich kenne um ehrlich zu sein bisher nur einen, der dies so perfektioniert hat, dass er immer durch höchste Qualität seiner Bilder heraussticht. Aber wie gesagt, das ist die schwerste Art Stacks zu erstellen!
- Makroschlitten
In diesem Fall, sitzt die Kamera auf einem Makroschlitten. Man richtet die Kamera aus, fokussiert auf den vordersten oder hintersten Punkt und beginnt seine Bildreihe. Dabei wird nach jeder Auslösung der Schlitten ein wenig weiter gedreht um dann erneut auszulösen. Dies macht man so lange, bis man die komplette Reihe durch hat. Der Schlitten wird manuell bewegt, das Auslösen sollte hier allerdings mit einem Fernauslöser erfolgen. Es ist natürlich auch möglich, Verzögert auslösen zu lassen, aber diese jeweils 2 Sekunden ziehen den gesamten Vorgang natürlich noch mal enorm in die Länge. Bei lebenden Motiven kann dies das Aus für die Bildreihe bedeuten, weil das Motiv nicht mehr stillhält. Bei dieser Variante wird also der Fokusring nicht genutzt, sondern bei gleicher Einstellung nur die Position der Kamera verändert. Dadurch wandert der Fokus praktisch durch das Motiv, bis alle Bereich einmal scharf aufgenommen wurden. Je größer der ABM, desto feiner müssen auch die Schritte zwischen den Bildern sein, je nachdem was man sich evtl. noch ans Objektiv geschraubt hat, ist das dann gar nicht mehr so einfach.
- Ferngesteuert (einfach)
Es gibt Programme für Android und iOS, womit man die Kamera fernsteuern kann. Aber einige können noch mehr, z.B. das Stacking automatisieren. Dazu verbindet man sein Handy oder Tablet mit der Kamera (WLAN oder Kabel) und definiert "nur" den Anfangs- und Endpunkt. Danach startet man den Vorgang und wartet bis alle Bilder im Kasten sind. Dies geht viel schneller als wenn man dies manuell mit dem Schlitten macht. Da diese Software einen angeschalteten Autofokus beim Objektiv voraussetzt, heißt das, dass man diese Methode mit einem Objektiv wie z.B. dem Canon MP-E 65 (Lupenobjektiv) nicht nutzen kann. Da dies meine bevorzugte Methode im letzten Jahr war, kann ich versichern, dass dies auch mit (Automatik-)Zwischenringen und Raynox-Linse funktioniert. Die meiste Arbeit ist das Ausrichten der Kamera und dem Test, ob das Motiv denn auch am hintersten Punkt noch so im Bild sitzt, wie man es haben möchte.
- Ferngesteuert (erweitert)
Neben der Kamera, kann auch noch der Schlitten bzw. Tisch den man verschieben will, automatisiert werden. Diese Methode wird wohl nur im heimischen Studio verwendet. Oft kommen hierzu sehr starke Lupenobjektive zum Einsatz mit denen man nur einen winzigen Teil des eigentlichen Motivs ablichten möchte. Dabei werden Konstruktionen gebaut, wo der Abstand zwischen den einzelnen Bildern nur noch 0,005mm und kleiner beträgt. Abbildungsmaßstäbe von 40:1 werden dabei erreicht, noch mal eine ganz eigene Welt der Makro- oder besser Mikrofotografie.
Halos sind Bildfehler die beim Stacking entstehen. Sie zeigen sich als milchige Bereiche, wo z.B. Körperteile sich im Bild überlappen, also in unterschiedlicher Entfernung zur Linse geknipst wurden.
Welche Software brauche ich?
Ich würde antworten: "Irgendeine die in der Lage ist, Bilder zu überblenden". Da wären Photoshop, Zerene Stacker, Helicon Focus, Focus project professional (Franzis) oder Combine. Diese sind mir auf Anhieb eingefallen. Nur letztere ist kostenlos erhältlich, für alle anderen muss man mehr oder weniger viel Geld zahlen. Bei allen ist es möglich eine Testversion zu erhalten, mit der man meist 30 Tage arbeiten darf. Ich behaupte jetzt einfach mal das es die "beste" Software nicht darunter gibt. Die eine ist schneller und kann besser mit mehr oder weniger Bildern arbeiten, die andere kommt eher klar wenn man die Kamera verschoben hat statt des Fokus, wieder andere erzeugen weniger Halos beim fertigen Bild. Dann muss man bedenken, dass dies immer nur eine Momentaufnahme ist, sind alle Produkte in einer neuen Version erschienen, sind die Karten neu gemischt. Nehmt die, mit der ihr intuitiv am besten klarkommt und auch denkt, dass die Ergebnisse in Ordnung sind.
So sieht die Erstellung des Stacks in Photoshop aus (vor der Endbearbeitung):
Hier noch die Links zu den Herstellerseiten. Bei CombineZP habe ich keine Seite gefunden, Chip.de bietet es aber an:
